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Jak und Jo – eBook
Turmuhrrestaurator und Geschichtenschreiber Jak gerät im Kampf um seine Liebe zu Jo in Konflikt mit der Unterwelt. Plötzlich nehmen seine erfundenen Kurzgeschichten Einfluss auf die Wirklichkeit.
Es geht darum
Jak, ein perfektionistischer Turmuhrrestaurator und introvertierter Single, erhält den Auftrag, die seit längerem stillstehende Turmuhr der Großstadt zu restaurieren. Leidenschaftlich kümmert er sich um die »dicke Marie«, der er tagsüber seine ganze Liebe widmet. Zu seiner allabendlichen Passion gehört es, kurze Geschichten zu schreiben, die er in seiner Souterrainwohnung in Flaschen verschließt. Es sind anfangs erfundene, harmlose Episoden aus dem Leben anonymer Bürger. Die Schreiblust wird durch Kleinigkeiten – Jak nennt sie »Objekte« - ausgelöst, die der Zufall ihm am Tage zuspielt. Scheinbar achtlos weggeworfene Nichtigkeiten wie Bonbonpapierchen, Haarklammern, Fahrscheine. Sein engster Freund ist Maxim mit Down-Syndrom, der Jaks Welt auf scheinbar naive Weise hinterfragt. Zu seiner Welt gehört auch Franzi. Sie unterhält ein eigentümliches Kaffeehaus unweit der Kirchturmuhr und ist bekannt für den besten Kaffee der Stadt. Jak liebt dieses wunderbare Getränk, das die Menschen für einen Augenblick aus der Hektik des Tages reißt. Es ist Dezember und die Kälte treibt Stammgäste - Künstler, Philosophen, Marktfrauen - wie auch Fremde in das Café. So auch Jo. Sie ist jung, hübsch und ihre zauberhaft grünen Augen reißen Jak aus seinem zufriedenen, geordneten Leben. Die zurückhaltende Liebe zu ihr löst mehr und mehr sein gewohntes Lebensmuster auf. Jo trennt sich von ihrem Geliebten Marten, der als gescheiterter und hoch verschuldeter Unternehmer in die Abhängigkeit der Unterwelt geraten ist. Als Zuhälter und Drogendealer muss er den Bossen seine Loyalität beweisen. Mit Gewalt zwingt er Jo zur Prostitution. Durch einen »Zufall« begegnet sie Jak und vertraut sich ihm an. Sehr bald bekommt auch Jak Martens Brutalität zu spüren.
Leseprobe
Kapitel 1
Jak schaute von den Türmen herab. Herab auf wimmelnde Menschen und Autos. Von Oben wirkte vieles lächerlich. Ohne Sinn. Die Menschen standen vor den Ampeln. Dann gingen sie. Standen wieder. Die Autos und Lastwagen fuhren und hielten wieder. Und über allem stand die Zeit, blickte auf die Stadt, die glaubte zeitlos zu sein. Jak stieg die Leiter hinunter. Er war schwindelfrei, er musste schwindelfrei sein. Die Aufgänge zu den Turmuhren waren oft abenteuerliche Konstruktionen. Manche hatten enge, steinerne Wendeltreppen, andere offene Stahlgerippe. Es gab armselige Holzleitern und eiserne, senkrecht hochragende Stiege. Hier gab es keine Normen und Vorschriften. Jak machten diese Unsicherheiten nichts aus. Es waren kleine Mutproben, denen er sich gerne stellte. Für sein Alter - neununddreißig war er vor zweiundzwanzig Tagen, fünf Stunden und achtzehn Minuten geworden - hielt er sich für gesund und kräftig. Zufrieden trat Jak auf die Straße wie in eine andere Welt. Dieses Gefühl überkam ihn immer, wenn er aus der Höhe herabstieg. Oft vergaß er, dass auch er ein Teil des pulsierenden Organismus war. Das war unvermeidlich. Er schaute aufwärts zum Turm hinauf, wie er es immer tat. Die Restaurierung des Uhrwerkes und des Glockenantriebs würden länger dauern. Nach der ersten Inspektion war ihm das schon klar geworden. Er kreuzte diagonal den belebten Platz, betrachtete die Menschen und hatte das Kaffeehaus fast erreicht, als er mit dem Schuh auf etwas Weiches trat. Sein Fuß verharrte augenblicklich. Darunter lag ein Taschentuch. Hatte es eine der Schülerinnen verloren? Er schaute der scherzenden Mädchenschar hinterher. Dann betrat er das Café und setzte sich. Nicht direkt vor das große Fenster, ein wenig abseits. Von hier aus konnte er den Innenraum überblicken und gleichzeitig das Geschehen auf dem Marktplatz beobachten. Es war sein Platz.
Franziskas Geschick bewies sich schon allein dadurch, dass sie das Kaffeehaus selbstständig führte und keine Hilfe benötigte. Ihre burschikose Art und die sportliche Figur, die sich schmeichelnd an den Tischen dehnte, hätte die Vermutung sie sei älter als Jak, nicht zugelassen. Aber sie war es. Drei Jahre. Das lange Haar schlug kleine Wellen und erforderte hin und wieder eine grazile Geste, um es aus den großen dunkelbraunen Augen zu streichen, wenn sich das Haarband gelockert hatte. Manchmal schien es, als würde es sich je nach Tageszeit der Farbe der Kaffeesorten angleichen. Mal brasilianisches Nussbraun, mal orientalisches Mocca. Zu dieser Jahreszeit war es dunkler, weil die Sonne seltener schien. Franzi, so nannte sie die Stadt, näherte sich Jak und blieb geduldig vor ihm stehen.
»Hallo Jak.«
Ihre Stimme war rau und warm. Sie legte die aktuelle Zeitung auf seinen Tisch und wartete. Es war eine bekannte, eine eingeschliffene Geste.
»Danke, meine liebe Franzi.«
»Einen Kaffee?«
Franzi wusste, dass Jak ihren Kaffee liebte. Trotzdem fragte sie ihn nach seinem Wunsch. Und Jak gab ihr immer die gleiche Antwort.
»Einen heißen, einen besonderen.«
»Gerne. Schwarz?« und es klang vertraut, fast intim.
Jak nickte. Er nickte immer zum Schluss des Gesprächs. Er sah ihr hinterher, schaute auf ihren festen, runden Po, während er die Zeitung aufnahm. Er las nicht, las nie in ihr. Es war einfach ein schönes Gefühl in einem Café zu sitzen, Kaffee zu trinken und eine Zeitung in den Händen zu halten. Das Café war zu Zweidrittel besetzt. Menschen unterschiedlichster Couleur saßen an den Tischen. Einige redeten. Jak liebte es die Leute zu beobachten und wusste, dass auch er beachtenswert war. Der Kaffee kam, der besondere. In diesem Café mahlte Franzi die Bohnen mit der Hand. Die Gäste genossen das schabende Geräusch, wenn Franzi die große, alte Mühle drehte. Es gehörte dazu wie ein Gemälde in ein Museum. Jak genoss Franzis Schwarzen. Er wärmte ihn auf. Die Kälte im Turm störte ihn nicht. Nie trug er Handschuhe. Er fror nicht, mochte aber die Wärme. Der erste Schluck brachte ihm den nahenden Winter wieder ins Bewusstsein. Er griff in die Seitentasche seiner ledernen Jacke und fühlte das Taschentuch, das er vom Kopfsteinpflaster aufgelesen hatte. Er rieb es zwischen Daumen und Zeigefinger, untersuchte es auf eine Besonderheit hin und fand diese. Es musste eine kleine Stickerei sein. Er zog das Taschentuch hervor und betrachtete es. Er las »A«. Daneben, ein kleiner Anker. Rot. Jak lächelte. Es war Zeit. Nochmals verschwand seine Hand in der Jackentasche und holte einige Münzen hervor. Er versicherte sich eines Blickes von Franzi und legte das Geld auf den Tisch. Eine Münze lag immer etwas abseits. Für Franzi. Nie würde sie auf die Idee kommen nachzuzählen. Auch der schwesterliche Wangenkuss an der Tür, die Franzi offen hielt, gehörte zu der Auswahl an kleinen Zärtlichkeiten, die sich über die Jahre zwischen ihnen angehäuft hatte. Sie mochten sich zwischen den Worten.
***
Objekt 1117
Ich hatte immer Angst, wenn er kam. Mit richtigen Namen heiße ich anders. Alle haben ja andere Namen. Ich heiße Marill. Wegen Polizei und so. In einem Monat werde ich achtzehn. Dann bin ich eine Professionelle, sagen sie. Ich stehe mehr auf die Älteren und auf Japaner. Die sind meistens höflich, zahlen gut und verlangen wenig Besonderes. So auf Vatertypen. Die Jungen haben zwar super Körper, treiben es aber wild und brutal. Manche beschimpfen mich als Schlampe, Dreckshure, Fotze, und so, und erzwingen Dienste, die mich demütigten und körperlich verletzten. Manchmal sind die zu zweit oder zu dritt. Die haben meinen Körper verbraucht, benutzt, bespuckt. Wusste gar nich, dass es so was gibt. Ich meine das, was die mit mir machen. Haste schon mal sechs Männer in einer Stunde abgefertigt? Da kannste nicht mehr schlafen. Danach. Auch mit Vaseline nich. Vielleicht brauchten die das, um sich selbst als Männer zu fühlen, keine Ahnung. Bin eng gebaut. Dafür kann ich nix. Der Stoff half mir bis jetzt immer. Ich kann ne Menge einstecken, auch wenn ich nicht kräftig bin. Dachte ich, bis er kam. Der fuhr an meinem Platz vorbei. Ich sprach gerade mit `nem Freier, `nem Typ mit langem Mantel. Wir redeten. Er sagte, ich sei hübsch. Aber ich bin nicht hübsch. Jetzt nich mehr. Nie mehr. Dann ging er weiter. Der andere, mein Beschützer, wie sie es nennen, hielt in einiger Entfernung, aber ich hab ihn genau gesehen, wie er mich beobachtete, aus seinem roten Jaguar. Hat mich ins Haus und in mein Zimmer gedrückt. Wollte Geld. Diese Typen wollen alle Geld und ich habs ihm gegeben. Er hat gemerkt, dass ich was beiseite getan habe, für den Stoff. Ich wollte noch was vom Leben haben, und dann hat er ordentlich zugelangt, mich vergewaltigt. Dachte, es macht mir nichts aus. Aber es macht mir was aus. Jetzt macht es mir was aus. Ich komm da nicht mehr raus und ich will nich mehr. Andere machen sich‘n schönes Leben. Ich kennse doch, kenn die miesen Typen. Will nich mehr. Hab keinem von denen mein Herz geschenkt. Hab noch nie mein Herz verschenkt. Die wissen nicht, was das ist. Morgen gehe ich zum Bahnhof. Ich liebe Züge. So einen schnellen. Züge sind wie der Süden. Der um 11.43, der fährt nach Italien. Und jetzt lass mich in Ruh. Hau ab! Hau ab, sag ich!
Nach Jaks innerer Uhr war es 5.53 h. Es war später. Das Bett kam und nahm Jak mit.
***
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